Besonderheiten bei Familien-Unternehmen

Die meisten Familien-Unternehmen gehören zu den „KMU“, den kleinen und mittleren Unternehmen. Sie gehören in der überwiegenden Anzahl sogar zu den sogen. Kleinst- und Klein-Unternehmen, die weniger als 50 Beschäftigte und maximal 10 Mio. Euro Umsatz aufweisen. (88% aller Betriebe in Deutschland haben weniger als 10 Mitarbeiter und erwirtschaften weniger als 1 Mio. Euro Umsatz.)

Bei der Nachfolge in einem Unternehmen dieser Größe stellen sich häufig besondere Fragen und Aufgabenstellungen:

Zunächst gibt es die Fragen innerhalb einer Familie, die nichts mit betriebswirtschaftlichen Aspekten zu tun haben: Wer von den Kindern ist am Besten für die Führung des Unternehmens geeignet? Und wenn sich der Inhaber festlegt – wie sagt er das den anderen, wie kann ein fairer Ausgleich der Geschwister erfolgen und wie kann Streit vermieden werden? Die emotionalen Aspekte spielen hier mindestens eine so große Rolle, wie die betriebswirtschaftlichen, steuerrechtlichen und juristischen Gesichtspunkte.

In der überwiegenden Zahl wird zunächst eine Nachfolge in der Familie gewünscht. Aber: Tatsächlich realisiert wird so nur noch ein Drittel ! Und wenn man konkret nachfragt, zeigt sich, dass über 60 % der familieninternen Nachfolger andere berufliche Interessen entwickelt hat. Alle anderen Gründe (noch zu jung, fachlich nicht geeignet etc.) spielen beim Scheitern einer Familien-Nachfolge eine untergeordnete Rolle. Die „Generation Y“ geht ganz einfach eigene Wege und zeigt wenig Interesse am Familien-Unternehmen.

Oft ist das natürlich schon frühzeitig klar und spiegelt sich an der Berufsausbildung oder am Studienfach wider. Nicht selten werden diese Entscheidungen aber recht kurzfristig getroffen, bspw. erst wenn es um die konkrete Planung oder den Zeitpunkt der Übergabe geht

Ein Inhaber eines solchen Unternehmens sollte das unbedingt so frühzeitig klären, dass ihm zumindest noch 5 Jahre für eine alternative Planung bleiben. Und ob diese neue Regelung so aussieht, dass ein geeigneter Mitarbeiter zum Nachfolger „aufgebaut“ wird oder ob ein externer Käufer gesucht werden muss, kann dann noch mit ausreichend Zeit entschieden werden.

Die Besonderheiten bei Familien-Unternehmen betreffen im Rahmen der Nachfolge ganz besonders die Wertermittlung. Das Ertragswert-Verfahren eignet sich grundsätzlich auch für die Bewertung kleinerer und mittlerer Unternehmen – wenn dabei die Besonderheiten dieser KMU berücksichtigt werden:

Zu bedenken ist zunächst die oft hohe Abhängigkeit von der Person des Inhabers und die meist überproportionale persönliche Arbeitsleistung. Je nach Rechtsform des Unternehmens (bei Einzelunternehmen oder Personengesellschaften) muss zudem ein fiktives „Unternehmergehalt“ einkalkuliert werden (weil sich Privatentnahmen natürlich nicht in den Personalkosten widerspiegeln). Zu prüfen ist darüber hinaus, ob die Einkommen des Betriebsinhabers und anderer mitarbeitender Familienmitglieder auf marktübliches Niveau korrigiert werden müssen.

Auch die Abhängigkeit des Unternehmens von einem oder von wenigen Auftraggebern ist ein Kriterium, das sich sehr deutlich auf den Unternehmenswert auswirkt.

Und schließlich ist auch das Fehlen laufender Planungsrechnungen für Folgejahre ein Problem – denn genau das fordert das „normale“ Ertragswertverfahren. Bei KMU kommt daher häufig das „modifizierte Ertragswertverfahren“ zum Einsatz, das einfachere Bewertungs-Parameter zugrunde legt.

Diese genannten Besonderheiten bei Familien-Unternehmen schlagen sich im Ergebnis in einer deutlich „vorsichtigeren“ Bewertung nieder: Die erzielbaren Kaufpreise sind tendenziell niedriger, je kleiner ein Betrieb ist.

Dabei ist nicht gemeint, dass der mögliche Verkaufspreis durch niedrigere Betriebsergebnisse geringer ausfällt: Der Ertragswert wird immer in Relation zum erzielbaren Gewinn berechnet – aber der sogenannte „Kapitalisierungszins“, der u.a. das individuelle Risiko einer Investition in das Unternehmen widerspiegelt, ist bei kleineren Unternehmen tendenziell höher, weil dieses (fiktive) Risiko hier höher eingeschätzt wird.